MA 22: Die Lichter der Großstadt – erstmals genau untersucht

Weltweit einzigartig – Wien ließ Entwicklung der Lichtverschmutzung in Langzeitstudie untersuchen

In einer finsteren Sommernacht die emsigen Glühwürmchen bewundern – das ist in Großstädten nur mehr in den allerseltensten Fällen möglich. Die helle Beleuchtung in urbanen Zentren überstrahlt nicht nur die zart leuchtenden Tiere – sie macht nachtaktiven Insekten und Tieren generell das Leben schwer. Die Stadt Wien ist Vorreiterin bei der Eindämmung der sogenannten Lichtverschmutzung und ist weltweit die einzige Stadt, die die Entwicklung und Auswirkung nächtlicher Beleuchtung in einer Langzeitstudie genau untersucht hat.„Entscheidend ist zu wissen, wie hell es bei Nacht wirklich ist, wie hell es war und wie gut unsere Maßnahmen für die Lebensqualität in Wien bei Nacht wirken. Ich gehe davon aus, dass die Milchstraße bis 2036 nach Wien zurückgeholt wird“, erläutert Günther Wuchterl von der Kuffner Sternwarte.

Prognose bis 2020

Die Studie „Entwicklung der künstlichen Nachthimmels-Aufhellung über Wien in den Jahren 2011 bis 2017″ wurde im Auftrag der Wiener Umweltschutzabteilung – MA 22 von der Kuffner Sternwarte erstellt. Sie bietet nicht nur einen detaillierten Überblick zur Situation im Untersuchungszeitraum, sondern auch eine Prognose bis 2020. Wie sich zeigt, hat die Lichtverschmutzung zwischen 2011 und 2017 im Jahresmittel um 6 % zugenommen – doch nach einem Maximalwert um das Jahr 2014 konnte der Zuwachs bereits verlangsamt und im Stadtzentrum sogar eine Abnahme festgestellt werden.

Weiteres Ansteigen erwartet

Dennoch geht die Untersuchung der Kuffner Sternwarte davon aus, dass die Lichtverschmutzung bis 2020 zwar deutlich langsamer, aber pro Jahr immer noch um circa 3-5 % ansteigen wird. Eine Ursache dafür ist der Boom bei der LED-Technologie, die zwar deutlich energieeffizienter ist – allerdings werden gleichzeitig auch tendenziell höhere Beleuchtungsstärken erzielt. Auch erhöhte sich dadurch der Anteil des abgestrahlten blauen Lichtes dramatisch. Problematisch ist das abgesehen von den nachgewiesenen biologischen Störeinflüssen vor allem wegen dem erheblich höheren Streueffekt von blauem Licht.

Ein weiteres Problem ist die ineffiziente Außenbeleuchtung von Flächen im privaten und kommerziellen Bereich. Denn ein großer Teil des dort eingesetzten Lichts strahlt an den zu beleuchteten Flächen vorbei. Rund ein Drittel der in der Lichtglocke Wiens enthaltenen Lichtmenge stammt aus direkt zum Himmel strahlendem und damit vollständig verschwendetem Licht. Der grundsätzlich positive Effekt einer energieeffizienten Beleuchtungstechnologie wird durch eine deutliche Erhöhung der Lichtverschmutzung konterkariert.

Austausch der Straßenbeleuchtung

Eine ganz entscheidende Verbesserung ist das derzeit laufende umfassende Erneuerungsprogramm der MA 33: Bis zum Jahr 2020 werden sämtliche alten Seilhängeleuchten in Wien gegen effiziente LED-Leuchten getauscht. Nicht nur, dass die LED-Leuchten an sich schon weniger Strom brauchen, was Energie und Geld spart: Sie leuchten auch nur dorthin wo das Licht benötigt wird, nämlich nach unten zur Straße hin. Ein Abstrahlen über die horizontale Ebene in den Nachthimmel hinaus gibt es kaum bis überhaupt nicht mehr. Obwohl die Straßenbeleuchtung rund zwei Drittel aller Lichtquellen im öffentlichen Raum ausmacht, ist sie nur für etwa ein Drittel der Lichtverschmutzung verantwortlich. Durch den Tausch auf moderne LED-Leuchten wird der Anteil der öffentlichen Beleuchtung am Lichtsmog zukünftig weiter sinken. Und: Die neuen Leuchten locken auch um rund 80 Prozent weniger Insekten an, die bei früheren, konventionellen Lampen auch sehr oft zu Tode kamen: „Insekten gehören zu den offensichtlichsten Lichtopfern, die Verringerung der Lichtverschmutzung ist auch ein wichtiger Beitrag gegen das Insektensterben“ stellt Karin Büchl-Krammerstätter, Leiterin der Wiener Umweltschutzabteilung – MA 22, fest.

Gartenbeleuchtung abschalten hilft

Aber auch im privaten Bereich kann man einen Beitrag leisten. Denn der geringe Stromverbrauch von LED-Leuchten ermöglichte auch den verstärkten Einsatz von Solarleuchten in Privatgärten. Hier kann jede und jeder mithelfen, die Situation der nachtaktiven Insekten und Tiere zu verbessern, indem die Außen- und Gartenbeleuchtung zwischen 23 und 6 Uhr abgeschaltet wird – am besten mit einem automatischen Timer.

Erhebung der Lichtglocke durch die Wiener Umweltanwaltschaft

Ausgangspunkt für die Langzeituntersuchung war die von der Wiener Umweltanwaltschaft beauftragte Erhebung der Lichtverschmutzung in Wien im Jahr 2011, in welcher eine Leistung von 30 MW für die über Wien abgestrahlte Lichtglocke ermittelt wurde. Die Wiener Umweltanwaltschaft engagiert sich seit 15 Jahren für eine umweltfreundliche Außenbeleuchtung. Neben wissenschaftlichen Grundlagen bietet sie Informationen zur Vermeidung von Lichtverschmutzung für Bauwerber, Planer und Gartenbesitzer. Letzteren bietet sie mit dem Folder „Lassen wir die Nacht im Garten“ wertvolle Tipps für den insektenfreundlichen Garten.

Weitere Informationen zum Thema Lichtverschmutzung sowie die Studie der Kuffner Warte zum Download, finden Sie hier

 

Falls Sie an einem Workshop zum Thema „Energieeffiziente Beleuchtung“ interessiert sind, so gibt es am 23. November im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Ressourcen-Effizienz“ hier die Möglichkeit.