Eine weitere Re:Wien Erfolgsstory: Einzelstück

Heute folgt eine weitere Erfolgsstory aus dem Re:Wien Accelerator-Programm. Durch die Begleitung von Expert*innenteams konnten bereits zahlreiche Startups ihre Ideen (weiter)entwickeln. Diesmal stellen wir Einzelstück vor, ein Social Startup, das Second Hand Mode mit individuellen Motiven von Hand bestickt.

Was ist Einzelstück? Wofür steht das Unternehmen?

Einzelstück ist Second Hand Mode von Hand bestickt. Durch meine Hilfstätigkeiten in verschiedenen Kleiderkammern Wiens ist mir aufgefallen, dass wir ein riesen Textilmüllproblem haben und NGOs die Menge an Textilien aufgrund von mangelnden Ressourcen kaum bewerkstelligen können. Deshalb kam mir vor ein paar Jahren die Idee, NGOs diese Kleidung abzukaufen, diese von Hand besticken zu lassen und sie so wieder in den Umlauf zu bringen. Einzelstück steht für Aufklärung und Awareness rund um das Thema Textilmüll, es ist uns wichtig bei unseren Kund*innen Bewusstsein dafür zu schaffen, Kleidungsstücke so lange es geht zu nutzen und sie nicht wegen eines kleinen Flecks oder Lochs zu entsorgen. Langlebigkeit ist allerdings nicht unser einziges Ziel: Mit der Spende an die NGOs beinhaltet der Kauf eines Einzelstücks somit auch die Möglichkeit soziale Projekte, wie zum Beispiel das House of Hope, ZeFaBe oder ViniziWerke zu unterstützen. Das Herzstück unseres Unternehmens sind jedoch unsere Sticker*innen, junge Frauen, Pensionist*innen oder ausgrenzungsgefährdete Personen besticken die von uns ausgewählten Kleidungsstücke mit individuellen Motiven von Hand und haben so die Möglichkeit ein Zusatzeinkommen zu generieren.

Wieso hast du ein Social Startup gegründet? Welche Rolle spielen die Sticker*innen und Näher*innen?

Es hat einfach Sinn gemacht. Ich habe testweise einen Aufruf gestartet, um zu schauen, ob etwas zurückkommt und es war ein Erfolg. Wir haben mittlerweile ein bunt durchmischtes Team an Sticker*innen, jung und länger jung mit unterschiedlichen Nationalitäten. Die Sticker*innen spielen eine ganz wesentliche Rolle, denn ich kann nicht sticken und ohne sie wäre meine Idee nur im Kopf geblieben. Sie alle haben unterschiedliche Geschichten und Handschriften. Manche von ihnen machen es aus Freude, andere um sich ihr Einkommen aufzubessern, wir passen uns da an die jeweilige Geschichte an und freuen uns darüber so viele tolle Frauen kennenlernen zu dürfen.

Was war dein größtes Learning beim Gründen eines ökologischen Startups?

Ein Verständnis dafür zu entwickeln, warum sich viele Konzerne gegen den nachhaltigen Weg entscheiden. Er ist teurer und aufwendiger. Aber es ist machbar und es ist mit Sicherheit der einzig richtige Weg. Mein größtes Learning war die Relevanz der Erstellung von Business-, Finanz- und Zeitplan zu erkennen. Ich habe viele Ideen und je bekannter mein Unternehmen wurde, umso mehr Ideen kamen von Außenstehenden auf mich zu: “Hast du schon X probiert? Hast du schon mal daran gedacht y zu machen? Wenn du z anbietest, dann..!” Ich habe gelernt alle Ideen ernst zu nehmen und sie aufzuschreiben und sie, wenn Zeit dafür ist, entsprechend in die Zeitleiste einzutragen. Wichtig ist, dass das Kernprodukt läuft und zuverlässig ist. Erst, wenn ich das garantieren kann, kann ich daran denken, mich mit weiteren Dingen zu beschäftigen, besonders, wenn ich alleine arbeite. Stelle ich mich von Anfang an zu breit auf, kann ich nirgendwo zuverlässig abliefern und sabotiere so das eigene Unternehmen. Also mein Tipp: Alles zu seiner Zeit.

Was würdest du dir für die Zukunft (in Hinsicht auf Nachhaltigkeit, Kleidung, dein Startup etc.) wünschen?

Also wenn ich hier groß denken darf und das tue ich gerne, dann würde ich mir Klimagerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit wünschen. Ich würde mir greifende Gesetze für unsere Umwelt wünschen und ich würde mir wünschen, dass es keine Menschenrechtsverletzungen entlang unserer Lieferketten mehr gibt. Ich würde mir außerdem wünschen, dass wir den Fokus in der Klimadebatte weg vom Individuum hin zu den eigentlichen Problemverursachenden lenken. Denn es ist zwar wichtig, dass wir auf Startup-Ebene unser Bestes geben und weiter für eine grüne und nachhaltige Zukunft arbeiten, das führt allerdings nur zu Veränderung, wenn die Unternehmen, die den Menschen und dem Planeten hemmungslos schaden, zur Verantwortung gezogen werden und ihr Verhalten ändern.

Was muss noch getan werden, um Wien zu einer grünen und nachhaltigen Stadt zu machen?

Ich glaube, das ist ein Fass ohne Boden. Daher fokussiere ich mich jetzt einfach auf drei willkürliche Dinge, denn die Möglichkeiten sind unendlich. Ein guter Start wäre, alle Haltestellen in Wien zu begrünen, Fassadenbegrünung voranzutreiben und auch an Dachgärten zu arbeiten. Die Stadt heizt sich im Sommer unglaublich auf, die Biodiversität leidet seit Jahren und diese beiden Probleme könnten dadurch massiv eingedämmt werden. Weiters könnte man in allen öffentlichen Essensausgaben, sei es an Schulen, Unis oder in Büros, stärker an der Vermeidung von Lebensmittelabfällen arbeiten und verstärkt pflanzliche Mahlzeiten anbieten. Beispiele wie Gent zeigen, zu welchen Veränderungen das führt. Und allen voran ist Österreich seit über 900 Tagen ohne Klimaschutzgesetz. In Zeiten dieser Krise nicht mal einen offiziellen Fahrplan zu haben das Klima zu schützen ist absolut katastrophal.

Wie hat das Re:Wien-Programm von OekoBusiness Wien und dem Impact Hub Vienna konkret dazu beigetragen deine Business Idee weiterzuentwickeln?

Indem meine Idee endlich die eigenen vier Wände verlassen hat, konnte sie sich um ein Vielfaches schneller entwickeln. Ich habe viele Impulse und Ideen erhalten, manche werde ich umsetzen, andere nicht. Aber diese Bewegung hat einiges in Gang gesetzt und neue Perspektiven eröffnet. Ich habe Gleichgesinnte kennenlernen dürfen, mich austauschen und lernen dürfen, Kontakte und Anlaufstellen erhalten, vermeintliche Ängste oder Unsicherheiten aus dem Weg geräumt und fühle mich jetzt um ein vielfaches gewappneter, vor allem durch all die Kontakte, die ich durch den Impact Hub machen durfte.

Welche Tipps würdest du anderen Gründer*innen auf ihrem Weg mitgeben?

Ihr müsst das Rad nicht neu erfinden! Die Startup Szene ist unglaublich supportive, kreativ und motivierend. Tauscht euch so früh es geht aus, stellt Fragen, denn ihr könnt euch sicher sein, vor dem Problem, vor dem ihr gerade steht, standen schon einige vor euch und sie können euch helfen. Sich von Anfang an ein starkes Netzwerk aufzubauen ist Gold wert, nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem für die mentale Stärke. Austausch, Vernetzung und Miteinander sind wirklich wertvoll und in meine Augen unumgänglich.