Michael Kienesberger im Interview mit OekoBusiness Wien

Michael Kienesberger ist seit mehr als einem Jahr Leiter der Stadt Wien – Umweltschutz. Im Interview lässt er sein Jahr Revue passieren, gibt einen Ausblick auf das kommende, skizziert wie die Stadt der Zukunft aussehen könnte und verrät wie man trotz Herausforderungen nicht müde wird, sich tagtäglich für Klimaschutz einzusetzen.

Sie sind seit etwas mehr als einem Jahr Abteilungsleiter für den Bereich Umweltschutz in der Stadt Wien. Können Sie die Zeit seit Antritt Revue passieren lassen?

Ich blicke auf ein sehr ereignisreiches Jahr zurück. Unsere Abteilung hat ihren 50. Geburtstag gefeiert und dabei vor allem den Blick Richtung Zukunft geworfen. Und da stehen der Erhalt und der Ausbau der Biodiversität Wiens an erster Stelle. Außerdem haben wir erfolgreiche Projekte, wie den Wiener Reparaturbon, neu aufgesetzt und dabei vorgezeigt, wie einfach sozialer Klimaschutz gelingen kann. Denn mit dem Bon haben wir das Geldbörserl der Wiener*innen geschont, Unternehmen gefördert und eine Menge CO2 eingespart. Zudem waren wir Teil der Wiener Klimatour. Unsere Expert*innen waren über das ganze Jahr verteilt an vielen Orten Wiens unterwegs. Sie haben die Wiener*innen über Umweltthemen informiert, ihre Fragen beantwortet und für mehr Umwelt- und Klimabewusstsein gesorgt. Mit unserem Food-Trailer haben wir Stopp vor Schulen und Jugendzentren gemacht, um den jungen Wiener*innen gesunde und klima- und umweltfreundliche Ernährung schmackhaft zu machen. Man sieht, es tut sich viel und es wird sich weiterhin auch viel tun.

Gibt es ein Projekt oder eine Initiative aus den letzten 12 Monaten, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Alle unsere Aktivitäten haben das Ziel, gegen die Klimakrise vorzugehen und die Umwelt zu schützen. Ein besonders wichtiges Werkzeug hierfür ist die Wiener Wald- und Wiesen-Charta, die es ermöglicht, die Ziele des Klimafahrplans umzusetzen. Dabei geht es um Erhaltung, Ergänzung und Erneuerung von Wäldern, Grünflächen und Gewässern. Damit soll die Biodiversität im urbanen Raum erhalten bleiben und gefördert werden. In diesem Zusammenhang ist unsere gratis Heckenverteil-Aktion als ein aktuelles und besonderes Highlight zu erwähnen. Beim Umwelt- und Klimaschutz setzen wir auf die Mithilfe aller Wiener*innen. Glücklicherweise wollen die Wiener*innen hier auch gerne aktiv mithelfen. Binnen kürzester Zeit war das das Kontingent der Aktion erschöpft. Damit haben die Menschen unserer Stadt dazu beigetragen, einen positiven Mehrwert für Flora, Fauna und das Mikroklima in Wien zu schaffen.

Sie haben Biologie studiert, danach in mehreren Stationen im Bereich Nachhaltigkeit gearbeitet. Biodiversität ist einer Ihrer ausgerufenen Schwerpunkte für die Wiener Umweltschutzabteilung. Wie definieren Sie hier die Klammer für OekoBusiness Wien? Wie kann jedes Unternehmen einen Beitrag leisten?

Unternehmen sind wichtige Partner im Klima- und Umweltschutz. Es ist erfreulich, dass viele auch bereit sind, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Das können sie auf verschiedene Arten tun. Indem sie bei der Beschaffung von Produkten auf Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit setzen beispielsweise. Oder erneuerbare Energie im Einsatz haben, Abfall reduzieren, umweltfreundliche Materialien verwenden und vieles mehr. Es gibt nicht die EINE Maßnahme zum Erhalt einer gesunden Natur, sondern jede einzelne hat einen direkten oder indirekten Einfluss auf den Erhalt der Biodiversität.

Im Rahmen von OekoBusiness gibt es immer wieder neue Herangehensweisen und Kooperationen, wie zuletzt jene mit der Vienna Design Week oder auch künftig mit der Wiener Klima Biennale. Warum sind solche Experimente so wichtig für Unternehmen und die Stadt Wien?

Wo Synergien existieren, sollten diese auch genutzt werden, um gemeinsam an einem ganzheitlichen Klima- und Umweltschutz zu arbeiten. Es ist hierbei auch wichtig, neue Wege einzuschlagen, um innovative Lösungen zu präsentieren. An dieser Stelle möchte ich auf das neue Format Re:Form aufmerksam machen, das gemeinsam mit der Stadt Wien Umweltschutz und der Vienna Design Week ins Leben gerufen wurde. Re:Form initiiert Vorzeigeprojekte, die demonstrieren, wie die Stadt durch eine Kombination aus nachhaltigem Design, strategischer Planung und wirtschaftlicher Realisierung zukunftsfähig gestaltet werden kann. Dabei vereint man Design, Unternehmensberatung und Industrie für eine ökologische und sozial nachhaltige Form des Wirtschaftens zu ermöglichen.

Wenn Sie einen Blick auf das kommende Jahr werfen, welche Entwicklungen und Herausforderungen sehen Sie für Unternehmen? Wie kann die Stadt Wien / OekoBusiness Wien sie dabei unterstützen?

Um unser Ziel der Klimaneutralität 2040 zu erreichen, sind wir auch auf die Mitarbeit der Unternehmen angewiesen. Unternehmen jeder Größe und Branche, von Einpersonen-Unternehmen bis hin zu großen Firmen mit Hunderten Mitarbeiter*innen, spielen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen die Klimakrise und dienen als Vorbilder für eine umweltfreundlichere und sozial gerechtere Welt. Das Netzwerk von OekoBusiness Wien umfasst bereits über 1.400 Mitgliedsbetriebe, und die Zahl wächst stetig. OekoBusiness Wien steht diesen Unternehmen beratend und unterstützenden zur Seite. Es werden auch finanzielle Anreize geschaffen, um die Unternehmen zu motivieren umweltfreundliche Maßnahmen zu setzen. Außerdem schaffen wir ein Netzwerk an Unternehmen, die sich in Umweltthemen engagieren, um gegenseitig voneinander zu lernen. Davon profitieren alle. Die Umwelt und die Unternehmen!

Blicken wir noch weiter, wie soll die Stadt der Zukunft aussehen? Was hat sich bis 2050 geändert und was ist gleichgeblieben? Und wie haben Sie dazu beigetragen?

Wir leben 2040 in einer CO2-neutralen Stadt, die es geschafft einen intakten Lebensraum für weitere Generationen zu hinterlassen. Weil wir vorausschauend über Jahre viel in den Naturschutz investiert und zahlreiche Projekte umgesetzt haben, um die Artenvielfalt zu fördern, Lebensräume zu schützen und dem Klimawandel erfolgreich entgegen zu treten. Denn die Natur ist eine unverzichtbare Grundlage für unser Leben und Wohlbefinden. Sie ist nicht nur ein Ort der Erholung und des Rückzugs, sondern auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und ein entscheidender Faktor für Klimaschutz und Klimawandelanpassung.

Zum Abschluss: Was treibt Sie an, trotz einer Vielzahl an Herausforderungen, die wir noch meistern werden müssen, tagtäglich für den Klimaschutz einzutreten?

Die Herausforderungen motivieren mich – genauer gesagt die richtigen Antworten für sie zu finden. Der tägliche Einsatz ist so wichtig, weil die Klimakrise uns auch täglich begegnet ohne eine Pause einzulegen. Es geht um die Gesundheit der Natur und damit einhergehend um die Gesundheit der Menschen in unserer Stadt. Es geht auch um soziale Gerechtigkeit. Benachteiligte Menschen leiden besonders stark unter der Klimakrise, obwohl sie am wenigsten dazu beitragen. Auch die wirtschaftliche Komponente ist ein entscheidender Motivator. Wir sorgen durch unseren Einsatz, für neue Arbeitsplätze, nachhaltige Technologien und für einen sicheren Wirtschaftsstandort.