Die Fairmittlerei – die „Gallier“ der Entsorgungsmentalität

Stellen Sie sich 12.000 Kondome vor – ganz gewöhnliche, handelsübliche, einzeln verpackte Latex Kondome. Der notwendige Naturkautschuk für diese Kondome wird aus Gummibäumen extrahiert, die überwiegend in Südamerika und Asien angebaut werden. Der Kautschuk wird importiert und in Europa in einem aufwendigen Verfahren weiterverarbeitet, sodass schlussendlich ein qualitativ hochwertiges, sicheres, allen Standards entsprechendes und für VerbraucherInnen optimales Produkt entsteht. Das Produkt ist einwandfrei – ABER: es wird nie verwendet!

Warum? Weil die Kondome in einer Verpackung stecken, auf der ein anlassbezogener Werbespruch aufgedruckt ist. Nach besagtem Anlass sind die Kondome für den Werbekunden wertlos. Ohne jemals in Gebrauch gewesen zu sein werden die Kondome „entsorgt“ – verwandeln sich also in Müll, in diesem Fall aufgrund der Aluminiumverpackung sogar in Sondermüll. Abfallentsorgung heißt in den meisten Industrieländern Verbrennung, also der Einsatz von Energie um etwas zu vernichten, die Entstehung von Tonnen von CO2, Schlacke, teilweise auch von gefährlichen Stoffen.

Kurz gesagt: es wurden Rohstoffe für das Produkt und die Verpackung verarbeitet, Energie für deren Herstellung und den Transport um die halbe Welt verbraucht und schließlich Energie aufgewendet, um es wieder zu vernichten – ungenutzt! Die Verschwendung von natürlichen, menschlichen und finanziellen Ressourcen im beschriebenen Beispiel, das KEINEN Einzelfall darstellt, ist enorm und aus mehreren Gründen untragbar:

  1. Sozial/gesellschaftspolitisch: Auch in Österreich gibt es viele Menschen, die arm sind und die auf die Hilfe und Unterstützung unzähliger NGOs angewiesen sind. Relative Armut ist oft (auch) ein Verteilungsproblem, das bedeutet vorhandene Ressourcen werden nicht oder nicht effizient genutzt.
  2. Ökologisch: Die Menschheit entnimmt dem Planeten mehr natürliche Ressourcen, als dieser in einem Jahr erneuern kann. Auch die ökologischen Aufnahmekapazitäten der Erde können mit der Menge an Schadstoffen nicht mithalten. Vieles von diesem Verbrauch und dieser Vernichtung ist schlicht und einfach Verschwendung!
  3. Ökonomisch: Die Lagerung und Entsorgung von nicht mehr verkaufsfähigen Produkten sind für Unternehmen mit Kosten und Aufwänden verbunden.

Die Fairmittlerei bietet eine sinnvolle Alternative zur Vernichtung

Im Fall der 12.000 Kondome genügte ein Anruf der für die Werbekampagne Zuständigen bei der Fairmittlerei, um (1) die Produkte vor der Vernichtung zu bewahren, (2) sie ihrem Zweck zuzuführen und zudem (3) eine Kostenersparnis zu erreichen. Die Kondome wurden danach von der Farimittlerei abgeholt, die Werbeverpackungen entfernt und an das “SOPHIE-BeratungsZentrum für Sexarbeiterinnen” sowie das Projekt “achtung°liebe” vermittelt und frei Haus geliefert. Statt der üblichen Kosten von € 2.400,- für 12.000 Kondome wurden die von der Fairmittlerei vermittelten Produkte um ca. 20 % des üblichen Marktpreises abgegeben (=die durchschnittliche Vermittlungsgebühr), wodurch die beiden Vereine knapp € 2.000,- eingespart haben. Dieses frei gewordene Budget kann beispielsweise für zusätzliche Rechtsberatung oder auch Aufklärungs-Workshops an Schulen verwendet werden.

Über „Die Fairmittlerei“

Die Fairmittlerei, ehemaliger Teilnehmer des Beratungsprogramms RE:WIEN, vermittelt gebrauchsfähige Produkte (aus dem Non-Food-Bereich) von Produzenten und Handel an gemeinnützige Organisationen (kurz: NGOs). Logistische und finanzielle Herausforderungen stellen derzeit sowohl für Produzenten, Handel als auch für NGOs die größten Hürden dar. Die Fairmittlerei bringt Überschussware vom Handel oder Produzenten möglichst schnell und einfach an NGOs. Denn diese verfügen kaum über Lagerflächen oder die notwendigen Transportmöglichkeiten. Hier setzt die Fairmittlerei an, um für beiden Seiten eine einfache Möglichkeit anzubieten, ihre vorhandenen Mittel sinnvoll einsetzen zu können.

  • NGOs sparen Geld und können dieses sinnvoll für die Erreichung ihrer sozialen Ziele einsetzen
  • Handel und Produzenten reduzieren Kosten für die Lagerung und gegebenenfalls für Vernichtung und erhöhen ihr soziales Engagement
  • Die Umwelt wird entlastet, da Abfall reduziert wird

Für diese besondere Leistung erhielt Die Fairmittlerei 2018 den Umweltpreis der Stadt Wien.

Wie genau das funktioniert, erfahren Sie in 1:29 Minuten hier. Weitere Informationen zur Fairmittlerei gibt es auch auf der Website oder auf Facebook.