„Natürlich gut essen“ in Wien

Die Wiener Umweltschutzabteilung – MA 22 startet die Förderung eines nachhaltigen Speise- und Getränkeangebots bei Wiener WirtInnen: Im Rahmen des Umweltserviceprogramms OekoBusiness Wien können ab nun lokale WirtInnen co-finanzierte Beratung und die Auszeichnung mit dem Gütesiegel „Natürlich gut essen“ in Gold, Silber und Bronze erhalten.

Unter den Pionierbetrieben sind das Deli Bluem in der Josefstadt (Gold), Gustl kocht in Wien Landstraße (Gold) und die Luftburg der Kolarik Freizeitbetriebe im Prater (Bronze). Die Kontrolle erfolgt durch die Austria Biogarantie.

Mit der Beratungs- und Auszeichnungsinitiative „Natürlich gut essen“ fördert die Wiener Umweltschutzabteilung – MA 22 ab sofort gezielt das Angebot und Bewusstsein im Sinne eines nachhaltigen Speise- und Getränkeangebots in der Wiener Gastronomie. Seit längerem schon gibt es in den Programmen von OekoBusiness Wien Angebote für eine nachhaltigere Betriebsführung für Gastronomie- und Hotelleriebetriebe. Diese zielen vorrangig auf die Verringerung des CO2-Ausstoßes, den Wasserverbrauch oder auch die Reduktion von Lebensmittelabfällen ab.

 „Mit ‚Natürlich gut essen‘ gehen wir nun einen Schritt weiter und zeichnen Betriebe aus, die auch ein besonderes Augenmerk auf den Produkteinkauf, die nachhaltige Qualität des kulinarischen Angebots und insbesondere auch auf das Tierwohl legen“, betont Karin Büchl-Krammerstätter, Leiterin der MA 22. „Gleichzeitig wollen wir natürlich auch eine weitere Bewusstseinsbildung bei KonsumentInnen erreichen.“ Denn in den meisten Gastronomiebetrieben herrscht für die Gäste noch große Unklarheit, wie nachhaltig die Produkte, die serviert werden, tatsächlich sind: Ob sie beispielsweise ökologisch oder konventionell produziert wurden, aber auch ob die Speisen regional bzw. saisonal sind oder ob in den Produktionsbetrieben auf das Tierwohl geachtet wird.

Es geht darum, Betriebe auf den Weg zu bringen!

Entsprechend des grundlegenden Ansatzes von OekoBusiness Wien, sowohl solche Betriebe zu begleiten, die bereits nachhaltig agieren, als auch jene auf den Weg zu bringen, die noch am Anfang stehen, gibt es die Auszeichnung in Gold, Silber und Bronze gestaffelt je nach Bioanteil im Sortiment sowie nach weiteren Kriterien bei tierischen Produkten und im sonstigen Speisenangebot. „Wer den ersten Schritt setzt, beginnt sich mit der Materie zu beschäftigen und kommt unterwegs erst darauf, was alles möglich ist. Daher sind viele Betriebe lange bei uns im Programm und gerade wirklich große Umstellungsschritte erfolgen häufig erst nach zwei, drei Jahren“, weiß Thomas Hruschka, Leiter von OekoBusiness Wien. „Dieses Potenzial gilt es nun auch bei Wiener WirtInnen zu aktivieren.“

Klein hilft Groß in der Pilotphase

Das neue Angebot wurde nun in enger Zusammenarbeit mit Andrea Vaz-König von Deli Bluem und der Austria Bio Garantie, die als Kontrollstelle für die Auszeichnung fungiert, gestartet. Im Rahmen der Pilotphase werden nun erste Betriebe an das Gütesiegel herangeführt. Unter ihnen sind das Deli Bluem sowie Gustl kocht, die Vorreiter eines nachhaltigen Küchenangebots sind, mit dem Ziel von Gold Auszeichnungen und die Luftburg der Kolarik Freizeitbetriebe im Wiener Prater als Großbetrieb auf dem Weg zu „Natürlich gut essen“-Bronze. Dabei arbeitet hier das kleinere Deli Bluem mit dem großen Betrieb zusammen. Andrea Vaz-König vom Deli Bluem: „Das ist enorm spannend und fruchtbar. Einerseits kann ich mein Know-how weitergeben und andererseits können gemeinsam gute Lösungen gefunden werden, wie man den besonderen Herausforderungen eines größeren Betriebs wie beispielsweise beim Mengenbedarf begegnen kann.“

Die wichtigsten Kriterien von „Natürlich gut essen“:

  • Bio gesamt: zumindest 30 %
    (Bronze: mind. 30 %, Silber: über 75 %, Gold: über 90 %)
  • Eier: jedenfalls Freilandhaltung (Gold: 100 % Bio)
  • Milchprodukte: mind. 4 Bio-Produkte (Gold: 100 % Bio)
  • Fleisch und Fisch: mind. 1 Sorte Bio (Gold: 100 % Bio), verpflichtende Herkunftsangabe
  • Palmöl: bei Margarine, Schokolade und Schokoladeaufstrichen aus RSPO/POIG zertifizierten, nachhaltigen, biologischen Quellen
  • Vegetarisches Angebot auf der Speisekarte

Umfangreiches Know-how der MA 22

Bei der Entwicklung des „Natürlich gut essen“-Gütesiegels konnte OekoBusiness Wien auch auf ein breites Know-how zurückgreifen, das die Wiener Umweltschutzabteilung – MA 22 und die Stadt Wien bereits in anderen Programmen für nachhaltige Lebensmittel aufgebaut hat. So wurden beispielsweise bei ÖkoKauf Wien, dem nachhaltigen Beschaffungsprogramm der Stadt Wien, Richtlinien für den Einkauf nachhaltig produzierter Lebensmittel erarbeitet. Der Bioanteil in Einrichtungen der Stadt Wien wurde damit stetig gesteigert; in städtischen Kindergärten liegt der Bioanteil bei Lebensmitteln bereits bei 51 Prozent, Milchprodukte sind zu 100 Prozent biologisch.

Weitere Einrichtungen wie der Wiener Krankenanstaltenverbund und das Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser haben Angebote, die darüber noch hinaus gehen – wie etwa der „Natürlich gut Teller“: Speisen, mit geringerem Fleischanteil, deren Ingredienzien biologisch hergestellt wurden, aber auch regional, saisonal bzw. sozial hergestellt wurden.

Die Initiative „Gutes Gewissen – Guter Geschmack“ der Wiener Umweltschutzabteilung – MA 22, der Tierschutzombudsstelle Wien (TOW) und dem Ökosozialen Forum Wien wiederum leistet Grundlagen- und Vernetzungsarbeit für Verbesserung der Umwelt und des Tierwohls in Lebensmittel-Produktionsbetrieben. „Das sind nur drei Beispiele für die vielfältigsten Programme und Initiativen der Wiener Umweltschutzabteilung für nachhaltigere Lebensmittel“, erläutert Karin Büchl-Krammerstätter, „aber allen ist gemeinsam, dass vieles möglich ist, wenn auf allen Ebenen Jede und Jeder in seinem Umfeld versucht, etwas Positives zu bewegen. Seien es ProduzentInnen, KonsumentInnen, der Handel, die Verwaltung – oder eben auch die Gastronomie.“

Großer Verbesserungsbedarf bei Betrieben mit Tierhaltung

Zu tun gibt es jedenfalls noch mehr als genug: Wie eine aktuelle Analyse des Zentrums für Globalen Wandels und der Boku Wien zeigt, werden in Österreich beispielsweise Jahr für Jahr mehr als 5 Millionen Schweine gemästet und geschlachtet – allerdings werden von ihnen nur 1,1 Prozent nach biologischen Kriterien gehalten. Großen Verbesserungsbedarf in Sachen Tierwohl gibt es sowohl bei Schweine-, Hühner- als auch Rinderbetrieben – sei es ein zu geringes Platzangebot, das routinemäßige Kastrieren und Kupieren von Ferkeln, das Töten männlicher Küken oder das Enthornen von Kälbern ohne Narkose.

Tier- und Umweltschutz gehen Hand in Hand

Bei einer nachhaltigeren Produktion gehen Tier- und Umweltschutz jedenfalls Hand in Hand: Durch die zunehmenden Betriebsgrößen treten vermehrt ökologische Probleme auf, wie die Überdüngung der Böden mit anschließender Belastung des Grundwassers oder beispielsweise Ammoniak-Emissionen. Durch den Import von Tierfutter findet auch eine Auslagerung von Umweltbelastungen statt: In den letzten Jahren importierte Österreich pro Jahr im Schnitt ca. 550.000 t Sojaschrote und Sojakuchen sowie andere Sojaprodukte, wovon 75 % gentechnisch verändert sind.

Mit dem neuen Gütesiegel „Natürlich gut Essen“ kann nun auch auf Seiten der Gastronomiebetriebe und ihrer Gäste ein Hebel für eine positive Entwicklung angesetzt werden. Die Auszeichnung ist überdies ein weiterer Baustein für den von Wien unterschriebenen „Milan Urban Food Policy Pacts“, dessen Umsetzung ebenfalls die Wiener Umweltschutzabteilung – MA 22 koordiniert.